Räumungsklage gewonnen?
Räumung durch Gerichtsvollzieher oder Berliner Räumung?
Manche Vermieter schrecken, von einer Räumung durch den Gerichtsvollzieher zurück, insbesondere wenn Sie über keinen Vermieterrechtsschutz verfügen. Je nach Größe der Wohnung oder gar eines Hauses mit Garage, Keller und Speicherräumlichkeiten kann die Vorschussanforderung des Gerichtsvollziehers ohne weiters 3.000 bis 6.000 Euro betragen. Es kommt nicht selten vor, dass der Gerichtsvollzieher genau weiß, was zur Räumung erforderlich sein wird, weil er aus vorherigen Aufträgen seine „Kandidaten“ kennt. Er weiß, wie die „Messiwohnung“ aussieht.
Immer wieder wollen sich die Vermieter dann der Zahlung des Kostenvorschusses entziehen und streben eine sog. Berliner Räumung an.
Mit ihr soll der Gerichtsvollzieher, wenn der Vermieter vor Gericht ein Räumungsurteil erstritten hat, die Wohnung räumen, ohne dass das Wohnungsinventar des Mieters vom Gerichtsvollzieher bzw. von der von diesem beauftragten Spedition weggeschafft oder eingelagert wird.
Die Berliner Räumung beruht darauf, dass der Vermieter sein Vermieterpfandrecht gem. § 562 BGB an allen in der Wohnung befindlichen Gegenständen ausübt.
Diese Räumungsmöglichkeit ist in § 885 a ZPO – Beschränkter Vollstreckungsauftrag – geregelt:
(1) Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 885 Absatz 1 beschränkt werden.
(2) Der Gerichtsvollzieher hat in dem Protokoll (§ 762) die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Er kann bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer Form herstellen.
(3) Der Gläubiger kann bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind, jederzeit wegschaffen und hat sie zu verwahren. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, kann er jederzeit vernichten. Der Gläubiger hat hinsichtlich der Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
(4) Fordert der Schuldner die Sachen beim Gläubiger nicht binnen einer Frist von einem Monat nach der Einweisung des Gläubigers in den Besitz ab, kann der Gläubiger die Sachen verwerten. Die §§ 372 bis 380, 382, 383 und 385 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Eine Androhung der Versteigerung findet nicht statt. Sachen, die nicht verwertet werden können, können vernichtet werden.
(5) Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit ohne Weiteres herauszugeben.
(6) Mit der Mitteilung des Räumungstermins weist der Gerichtsvollzieher den Gläubiger und den Schuldner auf die Bestimmungen der Absätze 2 bis 5 hin.
(7) Die Kosten nach den Absätzen 3 und 4 gelten als Kosten der Zwangsvollstreckung.
Durch Beantragung dieser Vollstreckungsform (Berliner Räumung) beschränkt sich der Vermieter darauf, den Mieter (Schuldner) lediglich aus dem Besitz der Wohnung zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.
§ 885 Abs. 1 ZPO: „Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache oder ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk herauszugeben, zu überlassen oder zu räumen, so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.“
Auf diese Weise erspart sich der Vermieter den Kostenvorschuss für Abtransport und Einlagerung der in der Wohnung verbleibenden Gegenstände des Mieters. Es wird quasi nur das Schloss ausgetauscht.
Mit der Besitzeinweisung der Wohnung durch den Vermieter ist das Vollstreckungsverfahren somit preiswert beendet, auch wenn sich noch bewegliche Gegenstände des Schuldners noch in der Wohnung befinden. Der Gerichtsvollzieher freut sich über den geringen Aufwand.
Für den Vermieter beginnen aber nun die eigentlichen Probleme? Was darf er nun mit der Wohnung tun? Kann er das Inventar des Mieters auf dem Sperrmüll entsorgen? Was geschieht mit eventuellen Wertgegenständen des Mieters? Wer haftet für das Abhandenkommen von Wertgegenständen? Welches Inventar unterliegt dem Vermieterpfandrecht? Welches nicht?
Im Hinblick auf die Verwahrung und/oder den Verkauf des Mieterinventars finden auf die Berliner Räumung die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen Anwendung.
562 BGB Umfang des Vermieterpfandrechts
(1) Der Vermieter hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Es erstreckt sich nicht auf die Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen.
(2) Für künftige Entschädigungsforderungen und für die Miete für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr kann das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden.