Bis zur Entscheidung des BGH vom 6. Mai 2009 (XII ZR 137/07) war es dem Vermieter grundsätzlich untersagt, den Mieter von Versorgungsleistungen abzuschneiden.
Hatte bis dahin der Vermieter die Versorgungsleitungen gekappt, wurde darin seitens der Rechtsprechung eine Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht gesehen. Die Rechtsprechung argumentierte: Das Recht zum Besitz begründet nicht nur das Recht zur Sachherrschaft, sondern auch die ungestörte Nutzungsmöglichkeit. Konsequenz: Der Vermieter musste mit dem Erlaß einer einstweiligen Verfügung rechnen, wofür nicht einmal ein besonderer Verfügungsgrund verlangt wurde.
Von dieser Linie ist der BGH in der zitierten Entscheidung abgewichen und hat entschieden, dass der Zufluss von Versorgungsleistungen kein Bestandteil der tatsächlichen Sachherrschaft ist und damit nicht zum Besitz rechne. Der Besitzschutz nach §§ 858 ff. BGB gewähre nur Abwehrrechte , aber keinen separaten Leistungsanspruch für den Mieter.
Vermieter dürfen demnach grundsätzlich – nach Beendigung des Mietverhältnisses – Versorgungsleistungen wie Heizung, Strom und Wasser einstellen, da mit der Mietvertragsbeendigung auch die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung ( § 535 I BGB) endet.
Der BGH vergleicht die Situation des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses mit der Einstellung der Leistungen durch ein Versorgungsunternehmen, wenn der Mieter zum Beispiel den Strom unmittelbar von diesem bezieht. Auch die Versorgungssperre durch den Energieversorger werde nicht als Besitzverletzung angesehen. Wie der Energieversorger soll auch der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zur kostenlosen Versorgung des Mieters verpflichtet sein.
Ein Anspruch des Mieters auf die Fortsetzung von Versorgungsleistungen kann sich grundsätzlich nur aus dem Mietvertrag ergeben oder ausnahmsweise, wenn sich im Einzelfall nach Treu und Glauben (Gesundheitsgefährdung, besonders hoher Schaden) eine besondere nachvertragliche Pflicht entsteht.
Wenn der Vermieter für weitere Versorgung aber keinerlei Entgelt erhalte und ihm durch die weitere Belieferung ein Schaden drohe, ist für ihn die Grenze des zumutbaren überschritten. Den Vermieter trifft jedoch die Obliegenheit die Unterbrechung frühzeitig anzukündigen.
Ein Mieter, der die Kappung der Versorgungsleistungen verhindern möchte ist anzuraten zumindest die Betriebskostenvorauszahlungen – mit entsprechender Zahlungsbestimmung – zu leisten.
Leitsätze der Entscheidung BGH, Urteil vom 6. 5. 2009 – XII ZR 137/07:
1. Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen (hier: Belieferung mit Heizenergie) grundsätzlich nicht mehr verpflichtet.
2. Auch aus Treu und Glauben folgt eine nachvertragliche Verpflichtung des Vermieters von Gewerberäumen zur Fortsetzung von Versorgungsleistungen jedenfalls dann nicht, wenn der Mieter sich mit Mietzinsen und Nutzungsentschädigung im Zahlungsverzug befindet und dem Vermieter mangels eines Entgelts für seine Leistungen ein stetig wachsender Schaden droht.
3. Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist keine Besitzstörung gem. §§ 858, 862 BGB hinsichtlich der Mieträume.